Der Kellner ist heute eine Sommelière. Die Kundin studiert mit Kennerblick die voluminöse Weinkarte, stellt eine, zwei Fragen bezüglich Rebsorten und Jahrgänge, entscheidet sich schließlich für einen edlen Tropfen. Beide fachsimpeln kurz über die Toplage, aus der die Trauben stammen und loben die Arbeit der Winzerin, die seit 10 Jahren das Weingut führt. Nachdem die Dame den Pinot Gris im Glas mit Augen, Nase und Gaumen auf seine Redlichkeit hin geprüft und mit der Sommelière ein anerkennendes Augenzwinkern ausgetauscht hat, schenkt diese dem Begleiter der Dame einen Viertel-Schwenker aus. Er erinnert sich, kürzlich über diesen Grauburgunder einen begeisterten Kommentar in einer Fachzeitung gelesen zu haben. Aus der Feder einer Weinjournalistin, natürlich.
Die Weinwelt hat sich geändert. Auch wenn die Frauen in der Weinbranche noch immer unterrepräsentiert sind, werden sie heute in allen Bereichen ihrer Fachkompetenz wegen gesucht und geschätzt. Auch in Luxemburg. Deshalb wurden im Jahre 2012 nach langer Vorarbeit die Lucilivines gegründet, die erste landesweite Vereinigung für Frauen, die als Winzerinnen, Önologinnen, Wissenschaftlerinnen, Weinhändlerinnen, Gastronominnen, Sommelièren, Journalistinnen oder im Wein-Marketing tätig sind oder von Berufs wegen einen besonderen Bezug zum Wein aufweisen.
In den Jahren 2013 und 2014 konnten die Lucilivines, denen sich innerhalb kürzester Zeit mehr als hundert Damen anschlossen, im Rahmen eines LEADER-Projektes zahlreiche Aktivitäten organisieren. Vom Austausch und der Weiterbildung ihrer Mitglieder über Fachexkursionen, Verköstigungen, Werbeauftritte oder die Herstellung und Ausgabe von Werbeartikeln hin zu künstlerischen Aktivitäten reichten die Initiativen, die wesentlich zur Bekanntheit und Wertschätzung der bei den Lucilivines engagierten Weinfrauen, aber auch und vor allem der Luxemburger Weine beigetragen haben. Denn die werden durch neue Sinnlichkeit bereichert, glaubhaft von anerkannten Spezialistinnen weiterempfohlen und vertrauensvoll von weiblicher – und männlicher – Kundschaft gekauft und genossen.
Bald wird sich wohl auch eine Berichtigung der antiken Mythologie aufdrängen. Wahrscheinlich war Bacchus doch eine Frau…